Thursday, October 29, 2009

Mikes Wahlkampf


In New York wird gewaehlt. Es geht um die Wahl zum Buergermeister, und Mike Bloomberg, der Billionaer der momentan die Stadt regiert, will wiedergewaehlt werden. Und wie es aussieht, wird das auch geschehen. Jedoch gibt es Kritik. Nicht an seinen Regierungsstil oder an dem, was er erreicht hat, sondern daran, dass er Millionen an seinem Wahlkampf spendet und dank seines Reichtums auch dafuer gesorgt hat, dass das "Term Limit" aufgehoben wurde, was normalerweise nicht mehr als zwei Amtsperioden erlaubt. New York ist nicht kaeuflich, sagen daher viele New Yorker, aber anscheinend ist das doch so, denn Mike investiert geschickt in seinen Wahlkampf (und wirklich nur sein eigenes Geld) und kann sich daher die Unterstuetzung verschiedener Gruppen setzen, wie eben New Yorks Juden.
Die sind jedoch gar nicht mehr so einflussreich wie frueher, unterstreicht der Forward in seiner morgigen Ausgabe. Erstmals unter einer Million New Yorker sind Juden, im Aufwaertstrend hingegen die asiatische Bevoelkerung der Stadt.
Wie der Wahlkampf auch ausgehen wird (und fast alle gehen davon aus, dass Bloomberg haushoch gewinnen wird), der letzte Wahlkampf schien interessanter zu sein. Mir gefaellt jedoch, dass Michael Bloomberg nach wie vor ein multilingualen Wahlkampf hat; seine Website kann man sogar auf Jiddisch lesen.

Wednesday, October 21, 2009

Cadillac Records


Am Wochenende sahen Lisa und ich Cadillac Records, ein Film, der auf der wahren Geschichte des Chicagoer Musikverlages Chess Records basiert.
Wie viele Musikfilme, war auch dieser nicht besonders tiefsinning und oftmals waren die Charaktere einfach zu oberflaechlich, aber der Film lebte von der Musik solcher Legenden wie Muddy Waters, Chuck Berry und Howling Wolf. Beyonce spielte Etta James, die etwas zu sehr im Vordergrund stand. (Der Name des Films "Cadillac Records" stammt von einem Zitat von Muddy Waters: Wenn man bei Chess Records unterschreibt, dann bekommt man einen Cadillac.)
Adrien Brody, der seit "Der Pianist" weltbekannt ist, spielte Leonard Chess, den Hauptprotagonisten des Films. Wenn im Film auch nur angeschnitten, so ist die Geschichte des wirklichen Lenard Chess faszinierend. 1917 im damals polnischen, heute weissrussischen Motal als Lejzor Czyz geboren, schaffte es Chess in Chicago von einem armen Immigranten zu einem der einflussreichsten Musikproduzenten seiner Generation zu werden.
Lejzor kam 1928 zusammen mit seiner Mutter und seinen Geschwistern nach Amerika, nachdem sein Vater dort bereits in Chicago ein neues Leben angefangen hatte und genuegend Geld fuer die Ueberfahrt seiner Familie verdient hatte. In Chicago aenderte die Familie den Nachnamen von Czyz to Chess, und aus Lejzor wurde Leonard, und aus seinem Bruder Fiszel wurde Phil.
Die beiden Brueder gruendeten in Chicagos beruechtigster South Side einen Nachtclub fuer Afroamerikaner, was damals alles andere als gut angesehen war. Es folgte der Musikverlage Aristocrat Records, aus dem spaeter Chess Records werden sollte.
Die Chess Brueder (im Film wird Phil Chess nicht erwaehnt) entdeckten alle Groessen des Electric Blues und foerderten Kuenstler, die heute Legenden sind, dessen Fans jedoch damals fast ausschliesslich schwarz waren.
Der Erfolg dieser afroamerikanischen Musiker ebnete den Weg fuer weissen Rock'n'Roll. Von Elvis Presley bis zu den der Beach Boys und Rolling Stones sind die Einfluesse unverkennbar.
Das Ende der Chess Records kam, ironischerweise, mit der Buergerrechtsbewegung. "Ich habe schwarzen Musikern Moeglichkeiten gegeben, die niemand anders damals," sagt Adrien Brody in einer der letzten Scenen des Films. Wie der wirkliche Leonard Chess stirbt auch die Filmfigur noch an dem Tag, als er sein Studio verkaufte an einem Herzinfakt.
Interessanterweise realisierte ich erst heute, dass wir den Film am 40. Todestages von Leonard Chess sahen, denn Chess starb am 16. Oktober 1969.

Friday, October 16, 2009

Schabbaton in Kielce


Die Stadt Kielce in Poland ist mir nur bekannt, da sich dort 1946 das erste Pogrom nach dem Holocaust ereignete, und fuer viele dies nachhaltig das Ansehen Polens beinflusst hat. Besonders aeltere Juden sehen Polen nach wie vor als sehr antisemitisches Land.
Interessanterweise ist nun Kielce auch Teil der juedischen Renaissance Polens. Dieses Wochenende findet dort ein Schabbaton statt. Wahrscheinlich der erste seit dem Holocaust. Fuer Informationen hierueber, besucht einfach die Website. Schabbat Schalom.

Finnisch und Juedisch

Finnish and Jewish from Jewish Forward on Vimeo.


Dina Kantor, die Freundin einer Freundin von mir, hat momentan in Portland eine Ausstellung ueber die juedische Gemeinde Finnlands, die ich vor ungefaehr zehn Jahren selbst erkundete. Dina wuchs in Minneapolis auf, ihr Vater ist juedisch und ihre Mutter eine Finnin, die zum Judentum konvertierte. Hier aus dem Forward eine Diashow mit einem Interview. Viel Spass dabei.

Friday, October 9, 2009

Marek Edelmans Beerdigung

Marek Edelman, der letzte Ueberlebende des Warschauer Ghettoaufstandes, starb vor ein paar Tagen im Alter von 90 Jahren. Die Jerusalem Post berichtete darueber hier. Meine Freundin Barbara war auf dem Staatsbegraebnis in Warschau und hat Fotos davon auf Picasa hochgeladen, die Ihr hier sehen koennt. Ein weiterer Zeitzeuge, der nicht mehr unter uns weilt. Schabbat Schalom.

Thursday, October 8, 2009

Unter Bauern - Die Premieren


Heute ist der offizielle Kinostart von "Unter Bauern", doch es gab bereits zwei Premieren. Gestern die glanzvolle in Muenster, zu der u.a. meine Eltern gingen und von der die WN hier berichtet, und hier noch ein kurzer Videoclip.
Vor der Premiere in Muenster gab es noch die in Jerusalem, von der Ulrich Sahm auf der Hagalil Website berichtete (das hier benutzte Foto ist auch von ihm).
In der Cinematheque war letzte Woche unter den Zuschauern auch jemand aus Muenster, meine alte Freundin Sivan, die ich letztes Jahr waehrend meines Kurzaufenthaltes in Israel nach mehr als zehn Jahren wiedersah. Sivan hat ihre Eindruecke fuer das Zeitung der juedischen Gemeinde Muenster niedergeschrieben, und mir erlaubt, sie hier ebenfalls zu veroeffentlichen.


Marga Spiegel – eine besondere Frau
Die Verfilmung ihres Überlebens "Unter Bauern" – Premiere in Jerusalem

von Sivan Schächter

In Münster geboren und aufgewachsen bin ich mit der kleinen jüdischen Gemeinde eng verbunden. In der Zeit meiner Kindheit und Jugend, d.h. in den 70er und 80er Jahren zählte die Gemeinde um die 100 Mitglieder, eine kleine Gemeinschaft, in der jeder jeden kannte.

Unter den Mitgliedern war und ist auch Marga Spiegel, die mit meinen Kindheitserinnerungen in der Gemeinde, den Gottesdiensten und den Feiern im Gemeindesaal eng verknüpft ist. Sie war für mich als Kind eine herzliche und ältere Dame. Sie war stets ein Lady, tiptop angezogen, die Haare immer schön hochgesteckt, und sie strahlte vor allem Stärke und Lebensmut aus. Heute, im Nachhinein, muß man sie ja eigentlich noch als jung bezeichnen, obwohl sie damals schon in ihren 70ern war. Man mag es kaum glauben, aber heute ist Marga 97 Jahre alt und sieht immer noch genauso aus wie damals.

Ich lebe nun seit vielen Jahren nicht mehr in Münster, aber wenn ich ein bis zwei Mal im Jahr zu Besuch komme, erkenne ich die Gemeinde nicht wieder. Sie besteht jetzt zum größten Teil aus neuen Mitglieder, die seit 1989 aus der ehemaligen Sowjetunion zugezogen sind. Ich glaube, es sind leider wirklich alle älteren Mitglieder aus der Gemeinde verstorben. Während ich mich so in der Synagoge umblicke, taucht jedoch meist irgendwann Marga Spiegel auf. Und sie hat sich nicht verändert.

Irgendwann in meiner Jugend habe ich von ihrem Leben erfahren und meine Mutter gab mir ihr Buch zum Lesen. Es war für mich unfassbar: Da hatte diese Frau doch tatsächlich den Holocaust im Münsterland überlebt und das als erwachsene Frau mit Mann und Kind!

Als ich dann nach meinem Studium im Jüdischen Museum und am Denkmal für die ermordeten Juden Deutschlands in Berlin tätig war, habe ich ihre Lebensgeschichte oft erzählt. Dabei habe ich mir oft mir gewünscht, dass ihre Geschichte bekannter sei.

Letzte Woche nun, am 30. September 2009, war in Jerusalem die Premiere des Filmes "Unter Bauern – Retter in der Nacht", der die wundersame Geschichte des Überlebens von Marga Spiegel, ihres Mannes Siegmunds "Menne" und ihrer Tochter Karin erzählt. Aufgeregt ging ich zur Cinemathek, um beim Empfang dabei zu sein. Ich traf auf Marga Spiegel, die mit einem Lächeln in die blitzenden Kameras blickte, die sich um sie scharrten und sie keine Sekunde "aus der Linse" ließen. Marga war berühmt geworden!

Ich war und bin überglücklich darüber. Zum einen, da nun endlich ihre Geschichte bekannt wird, und zum anderen, weil dies zu ihren Lebzeiten geschieht, sie es selbst noch erleben und bezeugen kann: Ja, so war es!

Außerdem traf ich bei dem Empfang Lia Hoensbroech, die damals so wie ich eines der vielleicht 7-8 Kinder der jüdischen Gemeinde Münster war, und die nun im Film die Tochter der Retterfamilie, Anni Richter, darstellt. Anni Richter war ebenfalls mit in Jerusalem, Marga stellte sie mir sofort vor. Sie ist die einzige, die von den fünf Retterfamilien noch am Leben ist.

Der Film begann in einem voll ausgebuchten Saal. Ich war vom Film tief bewegt, fühlte mich - ich traue es mich kaum zu sagen – wie zu Hause: Der Film spielt im Münsterland, meiner Heimat, mit Lia in der Besetzung. Alles war mir wohl vertraut.

Am Ende des Filmes sieht man Marga selbst auf der Leinwand und es erscheint geschrieben:

"Von 98 Ahlener Juden haben nur drei überlebt."

Marga, ihr Mann Menne und ihre Tochter Karin.

Das war für mich der Moment, wo ich in Tränen ausbrach und erkannte, dass es den Leuten um mich herum genauso ging.

Das Licht ging an und Marga wurde unter tosendem Beifall zusammen mit der bekannten Schauspielerin Veronica Ferres, die Marga im Film spielt, auf die Bühne gebeten. Beide standen am Bühnenrand und weinten. Die Zeit schien stillzustehen, es waren Minuten, in denen die beiden weinten und der halbe, wenn nicht der ganze Saal mit ihnen weinte und nicht aufhörte, Beifall zu klatschen.

Schließlich kamen sie auf die Bühne und Marga bedankte sich weinend bei allen am Film Beteiligten. Sie sagte, dass es ihr ein Herzenswunsch war, dass der Film zuerst in Israel gezeigt werde, bevor er nach Deutschland käme. Besonders an einen ihrer an die Zuschauer gerichteten Sätze werde ich mich immer erinnern:

Für Sie ist es ein Film, für mich ist es mein Leben.

Danach sprach Veronica Ferres. Unter Tränen erzählte sie von ihrem Wunsch, Marga im Film darzustellen und von ihrer ersten Begegnung mit ihr. Sie hatte Angst gehabt eine verbitterte Frau vorzufinden, aber Marga hatte sie mit ihrer Herzlichkeit, Freude und Stärke tief berührt. Sie erzählte, wie eine Freundschaft entstanden war und wie sehr Marga ihr Leben bereichere. Und sie sprach davon, dass sie sich schäme, Deutsche zu sein und dass es für sie das Größte sei, als Schauspielerin ihr "Instrument" zur Verfügung stellen zu können, um eine so besondere Frau zu verkörpern und Margas Lebensgeschichte publik zu machen. Immer wieder weinte sie und konnte kaum weitersprechen und mit ihr weinten ich und das Publikum.

Es war für mich ein bewegender und unvergesslicher Abend. Ein Abend über eine besondere Frau und über einige wenige besondere Familien, die Mut und Stärke bewiesen und Marga, Menne und Karin retteten.

Tuesday, October 6, 2009

Marga Spiegel bei Wetten dass...


"Wetten dass..." ist eine der Sendungen, mit der ich meine Kindheit verbinde. Es war Familientradition, die Sendung gemeinsam zu sehen. Lange bevor Thomas Gottschalk sie uebernahm und in eine Soloshow ummodellierte. Marga Spiegel ist auch eine Person, die ich mit meiner Jugend verbinde. Unsere juedische Gemeinde hatte damals knapp 100 Mitglieder und jeder kannte jeden. Margas (Ueber-)Lebensgeschichte ist faszinierend und kommt nun als Film in die Kinos, so dass Marga nun ploetzlich bei "Wetten dass..." zu sehen ist (auf dem oberen Video faengt ihr Auftritt nach etwa 5 Minuten an, der untere ist dann der zweite Teil). Es freut mich, dass Marga mit 97 Jahren noch so mobil ist, dass sie sogar noch mit Hauptdarstellerin Veronika Ferris nach Israel reisen konnte, siehe Interview hier.